Queeres Feiern in Stuttgart

Was LGBTQ-Locations von Regenbogen-Events abhebt

Queeres Feiern in Stuttgart: Wie steht es um den Kings Club? Und ist das Studio Gaga ein neuer Safe Space am Stuttgarter Clubhorizont?

Foto: The Queer Architect

Es waren erfreuliche Nachrichten, die Stuttgart im Spätsommer letzten Jahres erreichten: Der legendäre Kings Club kommt nach vier Jahren zurück, im Dezember sollen die Pforten wieder öffnen. Er solle eine Botschaft verbreiten. Er solle eine Regenbogenfahne sein, die über der Stadt und Deutschland stehe, so verkündete es Laura Halding-Oppenheit. Doch das neue Jahr kommt ins Rollen und ein Comeback des Kings Club ist bei Betrachtung der renovierungsbedürftigen Location noch lange nicht in Sicht. Wen interessiert’s, fragen sich vermutlich Cis-Menschen, die sich in einer heteronormativen Welt sonnen.

Eine kurze Bestandsaufnahme: Stuttgart hatte jahrelang keinen Club mehr, der alleinig für die queere Community veranstaltet. Als Safer Spaces mussten seit der Schließung des Kings Clubs vereinzelte Veranstaltungsreihen herhalten. Ende Dezember überraschte dann die Eröffnung des Studio Gaga im ehemaligen Café am Schlossgarten. Hier soll ab sofort die bunte Vielfalt der LGBQTIA+ Community gefeiert werden, ein dauerhafter Safe Space entstehen. Auch wenn nicht alle im Studio Gaga-Team queer sind, was auch kritisch hinterfragt wird.

Mihael Ivankovic, der als langjähriger Besitzer der Bar Monroes Teil der bunten Studio Gaga-Crew wurde, erklärt: „Wir wollten gemeinsam mit dem Team des Studio Amore einen Ort schaffen, der Offenheit zelebriert.” Der Großteil der Bar sei queer, die Menschen an der Tür sensibilisiert. Es seien allerlei bekannte Gesichter aus der queeren Szene, die das Projekt zusammen initiiert haben.

„Mich rührt es, wenn alle im Team, ob queer oder nicht, diesen offenen Spirit teilen, um für die Gäste eine angenehme Atmosphäre zu schaffen.” Es sei ein gemeinsames Projekt von vielen Menschen mit unterschiedlichen Sexualitäten.         

In den letzten Jahren hat sich vor allem die Party-Gesellschaft für woke erklärt, gewöhnliche Clubpartys gelten als Orte des Auslebens und der Zelebrierung der eigenen Identität. Wozu braucht es überhaupt noch die rein queeren Locations?

Holger Edmaier und Bettina Schreck von „Projekt 100% Mensch“, eine für ihre Bildungsarbeit von der Stadt geförderte Menschenrechtsorganisation, meinen, Orte, die nicht von Cis-Menschen und Heteros dominiert werden, seien sehr wichtig. „Ganz Stuttgart ist ein Hetero-Club“, findet Schreck. Das Gefühl an einem rein queeren Ort sei ein völlig anderes, auch was das Flirten und Ausleben der eigenen Identität angehe. „Als queere Person ist man häufig genug gezwungen, sein Verhalten anzupassen und auf der Hut zu sein.“ Ein noch so offener Club ist somit nicht automatisch ein Safer Space für queere Menschen.

Edmaier findet, dass es auch ein Unterschied mache, ob man zu einem einzelnen queeren Event gehe, oder zu einer rein queeren Location. Und fügt hinzu: „Es gibt nicht die eine queere Community. Die Interessen sind sehr ausdifferenziert. Deshalb kann es nicht genug Locations geben, die Safer Spaces für unterschiedliche Bedürfnisse schaffen“, so Edmaier. Bei permanenten Standorten sei auch alles etwas relaxter. Es fühle sich eher an wie ein Wohnzimmer und es seien Orte, an denen schnell Gruppen zusammentreffen und connecten.

Till Scheurle, Veranstalter der queeren Eventreihe Lovepop, ist der Meinung, dass die Wichtigkeit einer festen Räumlichkeit überbewertet werde: „Die Notwendigkeit von rein queeren Clubs ist nicht mehr gegeben, früher war das anders. Da war es noch nicht möglich, sich ohne Repressionen in einem Club zu zeigen.“

Wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen, dann spiele es keine Rolle, ob ansons­ten in diesem Club Hetero-Partys stattfinden. Außerdem sei es eine Gefühlssache, und wenn man sich auf einem Event und dem Space wohlfühle, dann blende man aus, was das für ein Club sei.

Dennoch sei jeglicher Space wertvoll, das Studio Gaga ist eine Bereicherung für die queere Community, darin sind sich Scheurle, Edmaier und Schreck einig.

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