„Die Känguru-Chroniken“ bringen das kommunistische Känguru auf die Großleinwand

Mag wer ‘ne Schnapspraline?

Was tun, wenn das Känguru an die Haustür klopft und Eierkuchen backen will? Es hat nämlich selbst keine Eier und auch kein Mehl – und schon gar keine Pfanne oder gar einen Herd. Kleinkünstler Marc-Uwe öffnet im Film „Die Känguru-Chroniken“ die Tür und hat plötzlich ein Beuteltier als Mitbewohner, das sein Leben gehörig umkrempelt: Das Känguru ist Kommunist, macht sich nichts aus Besitztümern, liebt nichts mehr als Schnaps­pralinen und ist so schonungslos direkt, dass es schon weh tut – denn es hat zu allem Überfluss auch noch immer recht.

Doch die neugegründete WG muss sich schon bald gegen einen rechtspopulistischen Immobilienhai verteidigen, der die Altbauwohnung für einen schicken Neubau abreißen möchte. Das geht dem Känguru natürlich gehörig gegen den Strich, also schmiedet es einen Plan gegen das Vorhaben der Immobilienfirma, der in Anschlagsplänen gipfelt.

Die Textesammlung namens „Die Känguru-Chroniken“ haben den Autor und gebürtigen Stuttgarter Marc-Uwe Kling über Nacht be­rühmt gemacht. Fürs Studium ging Kling damals nach Berlin, wo er bis heute lebt und „Die Känguru-Chroniken“ ansiedelt. Seiner schwäbischen Heimat gedenkt er im Film in Form eines rechtspopulistischen Politikers, der Angst davor hat, dass Einwanderer die deutsche Sprache besudeln. Er selbst spricht derweil in beinahe unverständlich schwäbischem Dialekt.

Auch sonst könnten die Charaktere klischeehafter nicht sein. Vom Immobilienhai, dessen Bauprojekt verdächtig so aussieht, als wolle er zu klein geratene Genitalien kompensieren bis hin zum Psychotherapeuten, der beim Anblick des Kängurus in eine hysterische Diskussion mit sich selbst verfällt.

Das Känguru ist genau so wie man es sich vorstellt: Vorlaut, aufmüpfig und so ganz und gar nicht süß. Wer die Bücher gelesen hat, muss sich vermutlich einen Moment an den Anblick des animierten Beuteltiers gewöhnen, doch die Witze zünden auch so und Marc-Uwe-Darsteller Dimitrij Schaad mimt den unambitionierten Künstler hervorragend.

Drehbuchautor Marc-Uwe Kling ist indes weit vom Kleinkünstlersein entfernt: Mittlerweile sind vier Bücher um das Känguru erschienen und die Verfilmung von Band eins wurde von Fans sehnlichst erwartet. Außerdem wurden die Filmrechte für sein weiteres Werk Qualityland gerade an HBO verkauft und in die Hände von Erfolgsregisseur Mike Judge gelegt. Ob da noch Zeit für Schnapspralinen bleibt?                                           

 

Die Känguru-Chroniken [DE 2020, R: Dani Levy, mit Dimitrij Schaad, Rosalie Thomass, Henry Hübchen, Start: 5.3.]

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Dieser Artikel ist aus LIFT 03/20

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