Punkrock im Ring

Frauen-Wrestling jetzt auch in Stuttgart

Am 11. November steigen internationale Pro-Wrestlerinnen beim „Walkyren-Cup” in einem K.O.-Turnier gegeneinander in den Ring. Wie entsteht eine Wrestling-Show? Was sind No-Gos für die ZuschauerInnen? Und warum ist Frauen-Wrestling noch so unbekannt? Wir haben mit Marcel Durer, Veranstalter und Choreograph der Show gesprochen.

Foto: Ronny Schönebaum

Aufgepumpte Muskeln, schwitzende Körper und Darstellungen übersteigerter Aggression: Das Image des Wrestlings wird oft mit extremen, archaischen Männlichkeitsbildern in Verbindung gebracht – als Sphäre, in der Frauen eher auf Ablehnung und mangelnde Repräsentanz stoßen. „Es gibt keinen Grund dafür, dass Frauen-Wrestling weniger Aufmerksamkeit bekommen sollte, als das der Männer“, findet Autor, Game De­sign­er und Wrestling-Nerd Marcel Durer. Mit Co-Promoterin Jennifer Hellmig veranstaltet der gebürtige Stuttgarter im November in der Untertürkheimer Sängerhalle den sogenannten „Walkyren-Cup“, die erste Frauen-Wrestling-Show in Europa.

Im Rahmen des zwei bis dreistündigen Programms steigen internationale Pro-Wrestlerinnen in einem K.O.-Turnier gegeneinander in den Ring, jeweils gegen eine Gegenspielerin und auf Grundlage eines dramaturgischen Konzepts, das erst wenige Stunden vor Beginn der Show vollständig ausgeklügelt sein wird. Der Grund dafür: Wenn Wrestlerinnen kurzfristig ausfallen, müssen die Gegnerinnen neu gepaart werden – und die Geschichte, die innerhalb des Rings erzählt wird, sowie der Ausgang des Matches, komplett neu erfunden werden.

„Es existieren in meinem Kopf zehn Versionen davon, was am 11. November tatsächlich passieren wird“, erzählt Durer lachend. Obwohl sich das Wrestling selbst als Show verstehe, in der dis­tinkte Charaktere aufeinandertreffen und geplante Handlungsstränge erzählt werden, sei ein hohes Maß an Improvisation gefragt. Auch, weil das Publikum durch Jubel, Einrufe und sogar Beleidigungen direkten Einfluss auf den Verlauf der Show nehmen kann. „Wrestling ist ein bisschen wie Punkrock: Es ist schnell, es ist laut, es möchte was aussagen. Vor allem aber ist es interaktiv“, so Durer.

Ausgerechnet am Weltfrauentag traf Durer den Entschluss, den Walkyren-Cup ins Leben zu rufen. Auf einem internationalen Wrestling-Turnier stellt er erschrocken fest, dass im insgesamt fünfzehnstündigen Programm nur ein einziges Frauen-Match geplant war. Spontan kalkuliert der Autor, der sich unter anderem mit den Ursprüngen des Wrestlings auseinandersetzt, die Kosten für einen ausschließlich weiblichen Cup und postet seine Idee auf Twitter. Woraufhin ihm die Wrestling-Podcas­terin Jennifer Hellmig ihre Unterstützung anbietet. Während Hellmig primär die finanziellen Aspekte rund um das Event regelt, plant Durer die filmische Dokumentation des Events, die Story, die Promo und die Auswahl der Wrestlerinnen.

Innerhalb der Branche stößt der Booker auf kritische Stimmen und Zweifel: „Viele Veranstalter meinen, dass Wrestlerinnen zu wenig Erfahrung haben, um vor ein Publikum zu treten und ein gutes Match zu liefern“, so Durer. „Aber wie sollen die Frauen denn Bühnenerfahrung sammeln, wenn sie gar keine Chance bekommen? Diesen Teufelskreis wollen wir durchbrechen.“

Durer will Talenten eine Bühne bieten und klare Kante gegen Diskriminierung zeigen. Während provokante Zwischenrufe sogar gewünscht sind, pflegt das Event eine Zero-Tolerance-Policy gegenüber sexistischen, homophoben und rassistischen Kommentaren.

Außerdem ist Durer die Etablierung einer Wrestling-Szene im Stuttgarter Raum ein Anliegen, die bis dato noch keinen richtigen Platz gefunden habe. In seinen Worten schwingt allerdings Optimismus mit: „Wir suchen jetzt schon eine Location für 2024.“ 

 

Walkyren-Cup [11.11. 18 Uhr, Sängerhalle, Lindenschulstr. 29, S-Untertürkheim, www.fury-wrestling.com]

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