Tocotronic

Kein Sitzkonzert mit Tocotronic

Die Hamburger machen mit ihrem neuen Album „Nie wieder Krieg“ auch Tourstopp in Stuttgart. Moment, was? Frontman Dirk von Lowtzow erklärt.

 

LIFT Die offensichtlichste Frage zuerst: „Nie wieder Krieg“?

Von Lowtzow Als der Krieg ausgebrochen war, waren wir sehr ins Zweifeln geraten, ob das der richtige Titel ist. Erschienen war es dann aber schon. Das, worauf es eigentlich ankommt, also eine tatsächliche Unterstützung der Leute die sich im Krieg befinden, kann ein Album natürlich nicht leisten. Es ist ja kein Anti-Kriegs-Album. Es geht um seelische Zerrüttung und innere Spannungsvorgänge. Es handelt von Einsamkeit, von Desorientierung, von starken Zuständen der Verletzlichkeit – und dafür schien uns der Titel in seiner Übertreibung passend. Als Antikriegs-Statement wäre uns das zu wenig gewesen.

 

LIFT Welche Rolle spielen diese inneren Dämonen auf der Platte?

Von Lowtzow Die Frage „Warum machst du das?“ kann man kaum beantworten – wenn ich sie aber beantworten müsste, würde ich sagen, um meine inneren Dämonen auszubreiten und mit den Hörenden zu teilen. Dadurch entsteht für mich so eine Art innere Erlösung oder Glück.

 

LIFT Und für dich als Musik-Hörender?

Von Lowtzow Das ist eine der tollen Eigenschaften von Popmusik: Dass sie ein Band zwischen den Musizierenden und den Hörenden bildet. Ich habe mir schon oft beim Zuhören gedacht „Hier spricht jemand für mich“. Das ist der Zauber von Popmusik. Es gibt zum Beispiel einige Stücke von Nico, die berühren mich so sehr und greifen mich so an, dass sie mich gleichzeitig fast weinen lassen. Aber darin liegt ja auch ein großer Trost. Es gibt aber auch andere Medien, die es schaffen, mich so anzufassen. Zum Beispiel der Trailer zu Gaspar Noés „Vortex“.

 

LIFT Gehst du dem auch aus dem Weg?

Von Lowtzow Ja, jeder Musik, die Festzeltcharakter hat oder verschiedene Arten von Filmen bei denen ich das Gefühl habe, dass es ich nicht ertragen kann, weil es mich so deprimiert.

 

LIFT Zurück zum Live-Konzert: Könnt ihr's noch?

Von Lowtzow Wir hatten zum Glück keine anderthalb Jahre Live-Pause, sondern letztes Jahr 15 Konzerte, die Open-Air und bestuhlt stattgefunden haben. Das war, nach anfänglicher Skepsis, doch eine schöne Erfahrung: Irgendwie hat sich eine fast feierliche Dynamik ergeben. Jetzt hoffen wir natürlich darauf, dass unsere Konzerte wie früher stattfinden können, weil das natürlich schon „the real Thing“ ist.

 

Tocotronic [30.6. 20 Uhr, LKA Longhorn, Heiligenwiesen 6, S-Wangen, www.musiccircus.de]

Wir verlosen 3x2 Tickets. Teilnahme via www.lift-online.de oder Mail an LIFT mit dem Stichwort „Vortex“

Dieser Artikel ist aus LIFT 06/22

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