Am 8. März ist Weltfrauentag
Frauen an die Macht...

Am 8. März ist Weltfrauentag – ein guter Grund, um Frauen auf Stuttgarter Chefsessel zu setzen. Was liefe anders im Rathaus oder beim VfB?
Im Rathaus?
Es gibt mehr als 1.000 hauptamtliche Bürgermeister in Baden-Württemberg – darunter aber nur 80 Frauen und gerade mal sechs von ihnen als Oberbürgermeisterin. Auch in Stuttgart zog die Grüne Veronika Kienzle ihre Kandidatur zugunsten zweier Alphamännchen zurück – der Rest ist traurige Geschichte.
Der Männerüberschuss in der Politik bleibt nicht ohne Folgen, beispielsweise erleben einer Spiegel-Umfrage zufolge 72 Prozent der Parlamentarierinnen regelmäßig Frauenfeindlichkeit im Bundestag. Ohne Frauen fehlt’s eben an Manieren und Anstand. Und wer könnte dafür im Stuttgarter Rathaus besser sorgen als Knigge-Expertin Gudrun Nopper? Statt Papp-servietten und verschüchtertes Genuschel in den Morgenkaffee gäb’s stilvolle Bankette und jeder würde vornehm ans Schmampusgläschen klopfen, ehe er zur Speech of his/of her Life ansetzt – als gutes Vorbild für die „Party- und Eventszene“. Die Losung ist klar: Herr Nopper, machen Sie schon mal Platz für Ihre Gemahlin!
Beim VfB?
Entscheidend is’ aufm Platz: Diese alte Fußballweisheit scheint man beim VfB längst vergessen zu haben. Kaum läuft’s nach zwei Ab- und wieder Aufstiegen sportlich wieder besser, haben die Herren im Vorstand nichts Besseres zu tun, als in aller Öffentlichkeit einen schmutzigen Machtkampf auszutragen, den die Bundesliga so schon lange nicht mehr erlebt hat. Worum’s geht? Da haben wir längst den Überblick verloren – in jedem Fall aber um männliche Egos, die vielleicht furchtlos, aber ganz sicher nicht treu sind.
Keine Frage, der VfB ist reif für eine Revolution: Studien belegen, dass von Frauen geführte Unternehmen nicht nur eine angenehmere Arbeitskultur und ein besseres Krisenmanagement aufweisen, sondern dank Teamwork auch um bis zu 20 Prozent erfolgreicher sind.
Aktuell wären das immerhin drei Tabellenplätze – aber entscheidend bleibt natürlich aufm Platz. Und dort hätte uns eine Frau auf dem Chefsessel zumindest dieses hässliche Auswärtstrikot erspart.
Bei der Stadtbahn?
Da können die Umsteigezeiten in der VVS-App noch so großzügig sein – kein Algorithmus der Welt erfasst die Wartezeit, die eine Frau mit Kinderwagen einplanen muss, ehe ihr jemand beim Hinauftragen hilft, weil mal wieder die Rolltreppe oder der Fahrstuhl ausgefallen ist. Wenn es dergleichen überhaupt gibt: Ganze 33 von 83 S-Bahn-Stationen in der Region Stuttgart sind nicht vollständig barrierefrei.
Und wer mit dem Kinderwagen vom U-Bahn-Steig am Arnulf-Klett-Platz hinauf zum Hauptbahnhof will, sollte Zeit mitbringen, gerne auch ein gutes Buch – und nicht zuletzt einen Elektroschocker für die Busi-ness-Typen, die sich telefonierend mit ihren Rollkoffern in den Aufzug vordrängeln.
Den sollten Frauen aber auch nachts in der Tasche behalten, schließlich gehören Stuttgarts Haltestellen zu den größten Angsträumen der Stadt. So sieht Stadt- und Verkehrsplanung also aus, wenn sie von Männern gemacht wird.
Und wer’s nicht einmal schafft, Bushaltestellen mit Aschenbechern auszurüsten, gehört heimgeschickt – am besten im Selbstversuch mit Kinderwagen und sieben Umstiegen in 13 Minuten.
In der Villa Reitzenstein?
Auf die eigene Unbeliebtheit pfeifen und sich trotzdem auf höchste Positionen bewerben – eigentlich ist das ja Männersache. Dass ihr nach einer Umfrage nur zehn Prozent aller Baden-Württemberger eine gute Arbeit als Kultusministerin attestieren, hält Susanne Eisenmann jedenfalls nicht von ihrer Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl ab. Da könnte man die missratene Plakatkampagne glatt als Sabotage-Akt aus den eigenen Reihen interpretieren.
Sabotieren will die Stuttgarterin auch permanent die vorsichtige Corona-Politik ihrer Kanzlerin. Die LehrerInnen und ErzieherInnen, die sie damit in Gefahr bringt? Wählen doch eh alle grün. Homeschooling-geplagte Eltern sind dagegen gu-tes Stimmvieh. Ab der Wahlniederlage am 14. März gilt dann: Nach ihr die Sintflut (bzw. dritte Welle).
Allen Unkenrufen zum Trotz hat Eisenmann trotzdem einen Punkt: Frauen sind die größten Verlierer dieser Pandemie – meist sind sie es, die trotz Homeoffice weiter den Löwenanteil der Care-Arbeit und des Haushalts übernehmen.
Der Papa, der also wirklich dringend seinen Platz räumen müsste, sitzt nicht in der Villa Reitzenstein, sondern zuhause auf dem Sofa.