Was Stuttgart schon immer wissen wollte
Wie findet man aus der Haltestelle Charlottenplatz raus und wie spricht man L.A. Signorina richtig aus? Stuttgart fragt, LIFT antwortet.

Wo fließt eigentlich dieser Nesenbach?
Alle warten auf die „Stadt am Fluss“, dabei ist die längst Geschichte. Anders als der Neckar verlief der 13 Kilometer lange Nesenbach einst mitten durch Stuttgart. De facto tut er das immer noch – als Abwasserkanal unter die Erde gelegt, etwa unter dem Breuninger am Marktplatz. Der Grund: Im Sommer stank der Nesenbach bis zum Himmel. Kaum zu glauben, dass es das mal gab: ein Tiefbauprojekt, das den Stuttgartern nicht stinkt.

Warum ist der Eintritt zum Fernsehturm so hoch?
Weil Stuttgarter nicht erst seit S 21 schlecht rechnen können: Da der Bau des Fernsehturms gleich doppelt so teuer wurde wie geplant, gab es sogar Überlegungen, ihn zur Werbeplattform zu machen – etwa mit Daimler-Stern auf dem Dach und einem Kesselkorb in Form eines Joghurtbechers. Dank guter Einnahmen war der Fernsehturm jedoch nach zehn Jahren abbezahlt, seitdem versuchen die Betreiber, den Unterhalt zu finanzieren.
Wie spricht man das Café Condesa richtig aus?
„Kondesa“ mit langem e, wie der Stadtteil von Mexiko-Stadt, sagen die einen, „Kondessa“ mit kurzem e, wie „die Gräfin“ im Spanischen, die anderen. Letzteres ist richtig: Da das Café sich im Kaiserbau befindet, passt die Gräfin als Bewohnerin des Hauses gut ins Konzept, dachten sich die Macher. Den Pizzeria-Nachbar L.A. Signorina spricht man übrigens „El Äi Siñorina“, wie die Abkürzung von Los Angeles. Die Eventstätte in Bad Cannstatt heißt auch nicht „Im Waismän“, sondern ganz klassisch deutsch „Im Wizemann“.

Gelten in Stuttgart andere Verkehrsregeln?
Rechts vor links? Unsinn. Das mag in anderen Städten gelten, in Stuttgart gibt es genau eine Regel an der Kreuzung: Der Stärkere gewinnt. Das bedeutet konkret, immer fährt zuerst der Porsche-SUV, dann der Mercedes, dann der Audi, dann der Opel und erst am Schluss, wenn auch die (E-)Roller schon davongebraust sind, das Rad. Wen wundert es da noch, dass Radwege hier als Notfallparkplätze fungieren. Ist ja nur für fünf Minuten...

Wann geht es wieder aufwärts mit dem VfB?
Bestimmt bald – und danach dann wieder runter. Permanent an der Spitze ist nur der Blutdruck der Fans. Gesünder für die Nerven wäre es vermutlich, sich an die Stuttgarter Kickers zu halten. Die sind – lange nach den kurzen Gastspielen in der Bundesliga und ihrem Abstieg in die Oberliga – praktisch ganz unten, eigentlich kann's fast nur noch aufwärts gehen. Die Vorteile liegen auf der Hand: günstige Tickets, Auswärtsspiele in der Nachbarschaft. Auf, die Blaue!
Wo liegt dieses Stuttgart-Fellbach?
Äh, keine Ahnung, aber wir können sagen, wo Fellbach liegt: nordöstlich von Stuttgart, hinter Bad Cannstatt. Und auch, wenn Fellbachs Vorwahl dieselbe ist, man innerhalb kürzester Zeit von der Stuttgarter Innenstadt in die Fellbacher Weinberge gefahren ist und zahlreiche PR- und Werbe-Heinis einem Glauben machen wollen, es sei anders: Fellbach gehört nicht zu Stuttgart. Punkt. Merkt man spätestens beim Wahlzettel.
Warum findet man keine Sparkasse in Stuttgart?
Sparen, sparen, sparen – schwäbisches Spezialgebiet. Aber hat hier jemand schon mal eine Sparkasse gesehen? Nö. Dabei gibt es die in Stuttgart überall, nennt sich halt nur BW Bank. In Ludwigsburg findet man dagegen beide Banken. Grund ist eine lange und komplizierte Historie an Fusionen. „Es ist etwas verquer, aber es funktioniert“, sagt Alexander Braun, Pressereferent der LBBW, die auch irgendwie dazugehört. Verstehen muss man zum Glück nur eines: Sparkassen-Kunden können bei jeder BW-Bank kostenlos Geld abheben.

Warum gibt’s in Stuttgart kaum Hochhäuser?
Das wäre doch die Lösung fürs Wohnraumproblem? Von wegen. Denn Wolkenkratzer sind im Bau und Betrieb dank etlicher Auflagen so teuer, dass sie gar nicht für bezahlbare Mieten sorgen würden. Zudem ruinieren sie das Stadtbild und die Frischluftzufuhr im Kessel. Einem war’s wurscht: Anfang der 2000er sollte am Pragsattel ein Trump-Tower entstehen – mit 220 Metern und 50 Stockwerken sowie einem 14 Meter hohen Wasserfall im Inneren. Der Gemeinderat hat dann aber doch ein Veto eingelegt.
Wann wird Fridi Miller endlich OB?
Es gibt kaum eine Bürger- und Oberbürgermeisterwahl, bei der Fridi Miller aus Sindelfingen noch nicht kandidiert hat. Zwar wurde dem personengewordenen Kaugummi am Schuh jedes süddeutschen Rathauses die Geschäftsunfähigkeit aufgrund „krankhafter Störung der Geistesfähigkeit“ entzogen. Das Wahlrecht ist davon aber unberührt. Zur nächsten OB-Wahl in Stuttgart 2020 darf’s Fridi also wieder versuchen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Wie zum Teufel kommt man aus dem Charlottenplatz wieder raus?
Drei Minuten Umsteigezeit? Reichen an der Haltestelle Charlottenplatz mit ihren – Rekord! – elf Linien auf zwei Stockwerken und gefühlt tausend Ausgängen nie im Leben. Und wenn man’s dann doch mal rausgeschafft hat, befindet man sich garantiert auf der falschen Seite. Wir geben es zu: Wir kennen die Antwort nicht – und warten auf ein Update der VVS-App mit Navi-Exit-Funktion.

Warum kommt in Ludwigsburg das Runde nicht ins Eckige?
Weil man in Ludwigsburg den Müll nach flach und rund trennt. Echt jetzt?! „In ,Flach’ kommen Papier, Kartonagen, Styropor aus Verpackungen sowie saubere Verpackungsfolien aus Kunststoff. Nicht in ,Flach’ gehören: Kassenzettel, laminierte Papiere, Bücher mit festem Einband, Backpapier und Fotos“, erklärt Sandra Riedel von der Abfallverwertungsgesellschaft Ludwigsburg. In „Rund“ dagegen kommen leere oder löffelreine Verpackungen aus Kunststoff, Glas oder Metall. Wir sind verwirrt.

Was soll das Möhringer Stadtwappen?!
Wie es die schwarze Frau ins Möhringer Stadtwappen geschafft hat, darüber gibt es nur Vermutungen. Die Namenspaten von Möhringen sollen jedenfalls keine durchreisenden „Mohren“, sondern die alemannischen Moro sein. Klar ist nur eines: In einer weltoffenen Stadt wie Stuttgart hat eine solche Abbildung nichts mehr zu suchen.
Wohin führen die Schienen der Markthalle?
Sie verlaufen von der Dorotheenstraße quer durch die Markthalle und enden auf der anderen Seite abrupt im Nichts. Hä?! Plan der SSB war es vor über 100 Jahren, Güterbahnen in den Kessel zu leiten, um Markthändlern den Transport ihrer Waren zu erleichtern. Die neuen Plattformwagen, die die Güterwagen später ersetzten, waren aber zu groß, um in die Markthalle einzufahren. Festgestellt wurde das allerdings erst 1914 bei der Eröffnung. Upsi!
Wie schreibt man König(s)traße?
