Club-Betreiber Benjamin Rossaro hat den Aer Club in die Zauberkugel geschickt
Alle machen zu, Mica macht auf

„Ich hatte einfach keinen Bock mehr auf Schickimicki.“ Das ist mal ‘ne Ansage. Vor allem, wenn sie vom ehemaligen Aer-Club-Betreiber Benjamin Rossaro kommt. Weiß doch jeder, dass dort bis März letzten Jahres die Schampus-Bottles gepoppt sind und man mit dem falschen Schuhwerk an der Tür abgewiesen wurde.
Aber das soll Schnee von 2019 sein. 2020 ist ist ‘ne ganz andere Nummer: lässig, rough, „cool, ungezwungen, nahbar“ möchte sein neuer Club Mica an Stelle des Aer Clubs in der Stuttgarter Innenstadt sein. Vom alten Interieur ist nichts mehr übrig, die weißen und schwarzen Glattleder-Lounges sind weg, die gruslig bunt leuchtenden LED-Tische auch. Stattdessen spannen sich alte Förderbänder um Betonsäulen, die Sitzbereiche aus altem, dunkelroten Leder sind von eisernen Armierungsstäben eingefasst, die vier Bars mit ros-tigem Wellblech verkleidet und die Spiegelwände aus fleckigen, ungleichgroßen Teilen zusammengeschustert. Alles, aber auch alles schreit „Schrottplatz“ – und das soll es auch: „Jedes Material, das wir hier verbaut haben, haben wir von Schrottplätzen aus ganz Europa zusammengesucht“, erklärt Rossaro.
Die Filme Mad Max und Alien haben ihn inspiriert, der Stuttgarter Architekt Steffen Haas hat’s umgesetzt. Schaut man sich die rostigen Zahnräder und futuristischen Skulpturen an, die sich im neuen Laden am Kronprinzplatz verteilen und mit einer vierzig Quadratmeter großen LED-Leinwand neben der Tanzfläche koexistieren, versteht man sofort, worauf er hinauswill: verratzt trifft modern.
Aber auch: HipHop trifft House. Das sind die beiden Musikrichtungen, die das Programm im Mica – benannt nach dem Mineral – dominieren. „Es sind zwei ganz verschiedene Genres, aber ich glaube, dass sie beide hier stattfinden können“, ist der Club-Betreiber überzeugt. Das eine freitags, das andere samstags. Neben internationalen DJ-Bookings am Wochenende gibt es dienstags eine „Tuesday Break“-Party für Studenten, die für sie keinen Eintritt kostet. Für alle anderen gilt (wie freitags und samstags): acht Kronen ab 0 Uhr.
Aber das sind nicht die einzigen Welten, die hier aufeinander treffen: Sobald das Wetter gut ist, steigt man ins Tagesgeschäft ein, die Genehmigung für einen Außenbereich ist schon abgesegnet. „Es soll ein fließender Übergang vom Kaffee draußen zum Longdrink drinnen werden“, hört man Rossaro träumen.
Das einzige, wovon er sich nicht verabschieden konnte: der Bottle Room. Den gibt’s wieder, „falls mal wer ‘nen guten Gin oder Champagner will“. Aber klar doch.
Mica Club & Café [ab 31.1. Di, Fr+Sa ab 22 Uhr, Kronprinzplatz, S-Mitte, www.mica-club.com]
Diesen Artikel findest Du auch im LIFT 02/20