Stuttgart greift dem kleineren Event-Business jetzt unter die Arme

Helping Hands für Events

„15 Euro Eintritt, seid ihr verrückt?!“, bekommt man an der Club-Türe nicht selten zu hören. Was viele nicht wissen: „Wir als Veranstaltende tragen neben den Gagen alle Kosten, die für das Booking anfallen: An- und Abreise, Verpflegung, Übernachtungskosten und Kos­ten für die Agenturen. Dazu kommen häufig noch Ausgaben für Licht- und Tontechnik sowie Raummiete, Türsteher, Werbung, Gema und Künstlersozialkasse“, klärt Manuel Albani auf, der als Teil der Künstler- und DJ-Kollektive Contain’t und Ritual Digital regelmäßig für Feierlichkeiten in Stuttgarts Clubs und Off-Locations sorgt.

Von der Zeit, die kleine Veranstalter – zum Teil wie hier nebenberuflich – in die Planung der Events investieren, ganz zu schweigen. „Und auf das, was am Jahres­ende übrig bleibt, zahlen wir selbstverständlich noch Steuern“, fügt Albani hinzu.

Um zu errechnen, dass da vor allem bei kleinen Locations, die nicht mehr als ein paar hundert Leute fassen (wenn überhaupt), nicht viel rumkommt, muss man kein Genie sein. Die Kompensationsmöglichkeiten der kleinen Veranstalterinnen und Veranstalter, wenn ein Event mal nicht gut läuft: gering. Da kann man auch gleich die Flinte ins Korn werfen, oder? „Für uns gehört zu einer lebenswerten Großstadt ein vielfältiges und facettenreiches Kulturangebot. Für uns ist es toll und wichtig, einen Teil dazu beizutragen“, argumentiert das Contain’t- und Ritual-Digital-Mitglied.

Dieses Engagement soll aber fortan gefördert werden: Das Kulturamt Stuttgart legt in Zusammenarbeit mit dem Pop-Büro den ersten Grundstein und hat eine Förderung für kleine und mittlere Event-Macher ins Leben gerufen – die erste ihrer Art. „Live-Veranstaltungen und Spielstätten für Live-Musik sind unverzichtbar für ein vielfältiges, anspruchsvolles und umfassendes Kulturangebot“, statuiert Susanne Haist vom Kulturamt Stuttgart. „Gerade kleinere Events, in denen der Nachwuchs auftritt oder Künstlerinnen und Künstler auf der Bühne stehen, die nicht dem Mainstream angehören, sind wirtschaftlich nicht tragfähig – darum ist hier die öffentliche Hand gefragt“, erklärt sie.

Ein wichtiges Zeichen für die Clubszene. Sie kämpft nach wie vor damit, rechtlich und in den Köpfen vieler Bürger mit Bordellen und Spielhallen gleichgestellt zu sein. „Dabei machen die meisten ein sorgfältig kuratiertes, qualitativ hochwertiges Programm“, gibt Walter Ercolino vom Pop-Büro zu bedenken.

Die Gesamtfördersumme liegt bei 80.000 Euro. „Wenn sich bei der Vergabe herausstellt, dass es einen Bedarf gibt und das Konzept angenommen wird, gäbe es einen Grund, die Summe beim nächsten Mal vielleicht sogar zu erhöhen“, hört man ihn hoffen. Übersetzt: Leute, bewerbt euch!

Ab dem 1. April werden auf der Homepage des sogenannten Live-Music-Fonds alle Infos zur Förderung bereitgestellt und Anträge entgegengenommen. „Ausschlaggebend für den Antrag sind bestimmte Gema-Tarife, die Raumgröße und eine Obergröße für die Besucherzahl“, erklärt Haist die Kriterien. De facto gibt es drei Töpfe: Bemessungsgrundlage für die Ausschüttung der ersten beiden sind die Gema-Gebühren, die für Events des vergangenen Jahres von den Veranstalterinnen und Veranstaltern selbst gezahlt worden sind.

Für diejenigen, die letztes Jahr keine Gema-pflichtigen Events geschmissen oder die Gebühren nicht selbst bezahlt haben, weil sie etwa schon durch die Spielstätte abgedeckt sind, gibt es einen dritten Untertopf: Der wird prozentual unter allen förderfähigen Antragstellern verteilt.

Grundvoraussetzung für eine Förderung sind: Arbeitsschwerpunkt in Stuttgart, mindestens ein Jahr im Business sowie höchstens 400 Besucher und maximal 20 Euro Eintritt für die eingereichten Musik-Events. Außerdem darf deren Veranstaltungsort 500 Quadratmeter und eine Kapazität von 1.000 Personen nicht überschreiten.     

 

Live Music Fonds [ab 1. April: www.livemusicfonds-stuttgart.de]

Dieser Artikel ist aus LIFT 04/20

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